Geschlechtsorgane des Rüden

Anatomie des Geschlechtsorgans des RüdenDie Spermien werden in den Hoden gebildet. Beim Rüden dauert diese Entwicklung etwa zwei Monate. Anschliessend müssen die Spermien in einem jeweils neben den beiden Hoden gelegenen Organ, dem Nebenhoden, reifen. Hierbei handelt es sich um einen engen, geschlängelten Schlauch, der insgesamt eine Länge von etwa drei Metern ausweist. Erst durch diese Reifung im Nebenhoden werden die Spermien beweglich und fruchtbar. Hoden und Nebenhoden liegen in einer Ausstülpung der Haut, dem Hodensack. Beim Samenerguss werden die aus dem Nebenhoden kommenden Spermien mit dem als Transport- und Nährflüssigkeit dienenden Prostatasekret vermischt. Hier wird leicht verständlich, dass jegliche Erkrankung oder Störung im Bereich der Prostata erhebliche Auswirkungen auf die Fruchtbarkeit eines Rüden haben kann.

Der Penis ist das Paarungsorgan des Rüden. Er besitzt einen als zusätzliche Versteifung dienenden Penisknochen, der infolge von Verletzungen oder bei einem sehr heftigen Deckakt brechen kann. Ein Penisknochenbruch ist der klassische Unfall bei Rüden, die während des Hängens gewaltsam von der Hündin getrennt werden. An der Penisbasis befinden sich Schwellkörper, die bei einer Erektion stark anschwellen und eine reflektorische Kontraktion in der Vagina der Hündin auslösen, die dafür sorgt, dass der Penis für eine gewisse Zeit fest in der Scheide verankert ist. ("Hängen")

Die Geschlechtsreife beim Rüden

Die Geschlechtsreife (Pubertät) des Rüden ist definiert als der Zeitpunkt, an dem erstmals Spermien in der Samenflüssigkeit auftreten und Paarungsversuche stattfinden. Die Geschlechtsreife tritt im Alter zwischen 5 und 8 Monaten ein, bei Rüden kleiner Rassen häufig früher als bei grossen.

Geschlechtsreife und Zeugungsfähigkeit: Nicht verwechseln!

Die Geschlechtsreife fällt nicht mit der Zeugungsfähigkeit zusammen. Bei jungen Rüden ist die Samenflüssigkeit noch arm an Spermien, diese sind oft wenig beweglich und fruchtbar. Bis zu einem Sperma von guter Qualität dauert es mehrere Monate. Deshalb ist es sinnlos, einen Rüden vor 6 bis 12 Monaten zur Zucht einzusetzen. Rüden der Riesenrassen sind oft erst im Alter von 15 bis 24 Monaten vollständig fruchtbar.

Spermauntersuchung: Nicht zu früh!

Aufgrund dieser schlechten Spermaqualität bei jungen Rüden ist es auch sinnlos, bereits das Sperma zu untersuchen. Die Informationen über eine spätere Fruchtbarkeit sind noch nicht zuverlässig. Die Behauptung, dass die Samengewinnung durch manuelle Stimulation bei einem jungen Rüden dazu führen kann, dass er später nicht natürlich decken kann, wird von keiner einzigen Studie bestätigt.

Der Hodenabstieg

Beim Fötus liegen die Hoden innerhalb der Bauchhöhle unmittelbar hinter den Nieren. Im Verlauf der Trächtigkeit steigen sie unter dem Einfluss männlicher Hormone ab und erreichen schliesslich kurze Zeit nach der Geburt die Leistengegend. Bei den meisten Welpen sind die Hoden zwischen dem 10. und 40. Tag nach der Geburt in den Hodensack hinein abgestiegen. Ein sicheres manuelles Ertasten ist jedoch sehr schwierig, da die Hoden zu diesem Zeitpunkt sehr klein und weich sind. Im Alter von 8 Wochen sollte der Tierarzt abtasten, ob sich beiden Hoden im Hodensack befinden. Zwischen 2 und 6 Monaten können die Hoden bei Kälte, Stress oder Angst, selbst wenn sie zuvor in den Hodensack abgestiegen waren, durch den Zug des Kremastermuskels vorübergehend wieder in die Leistengegend aufsteigen.

Kryptorchismus

Normalerweise ist der Hodenabstieg 10-14 Tage nach der Geburt abgeschlossen. Wenn einer oder beide Hoden bei einem Welpen im Alter von 8 Wochen nicht im Hodensack tastbar sind, spricht man von Kryptorchismus oder nicht abgestiegenen Hoden. In Ausnahmefällen können Hoden aber auch noch später absteigen. Nicht abgestiegene Hoden können sich auf unterschiedlicher Höhe in der Bauchhöhle befinden oder aber in der Leistengegend festsitzen. Dort sind sie oftmals durch die Haut tastbar, können aber nicht weiter in den Hodensack absteigen.

Einseitiger Kryptorchismus, also der Nichtabstieg eines der beiden Hoden (vorwiegend des rechten), kommt wesentlich häufiger vor als beidseitiger Kryptorchismus. Da es sich hierbei wahrscheinlich um eine genetische Erkrankung handelt, wird davon abgeraten, betroffene Rüden zur Zucht einzusetzen. Bei Rassehunden führt ein nicht abgestiegener Hoden zu einem Zuchtverbot. Kryptorchismus kann schwerwiegende Folgen für die Gesundheit des Rüden haben. So hat man festgestellt, dass ein nicht abgestiegener Hoden beim erwachsenen Hund (durchschnittlich in einem Alter von 5-6 Jahren) mit einer etwa zehnfach höheren Wahrscheinlichkeit tumorös entartet als ein rechtzeitig in den Hodensack abgestiegener Hoden. Ein nicht abgestiegener Hoden sollte deshalb beim jungen ausgewachsenen Rüden operativ entfernt werden.

Ab welchem Alter ist davon auszugehen, dass ein Hoden nicht mehr absteigen wird? Der Leistenring, (Öffnung zwischen Bauchhöhle und Hodensack), schliesst sich im Alter von etwa 6 Monaten. Aufgrund der Grössenzunahme der Hoden ist ein Abstieg ab diesem Alter nicht mehr möglich. Bei einigen grossen Hunden kann es sehr selten vorkommen, dass die Hoden aufgrund eines verzögerten Leistenringschlusses auch später noch in den Hodensack absteigen. Zur Unterstützung des Hodenabstiegs werden einige Behandlungsmethoden auf der Grundlage von Hormonen wie hCG vorgeschlagen, ihre Wirksamkeit ist umstritten.

Die Spermatogenese

 Die Spermien werden unter dem Einfluss männlicher Hormone in den Hoden gebildet. Dieser Vorgang wird als Spermatogenese bezeichnet.

Die Spermatogenese dauert durchschnittlich zwei Monate

Deshalb kann es nach einer Störung (z.B. starkes Fieber) zwei Monate dauern, bis Auswirkungen auf die Fruchtbarkeit des Rüden festzustellen sind. Glücklicherweise verfügt der Körper über Reservekeimzellen (Stammzellen), die gegenüber thermischen, hormonellen oder chemischen (z.B. Chemotherapie gegen Tumoren) Angriffen ausreichend widerstandsfähig sind. Eine Verschlechterung der Spermaqualität nach einer schädigenden Behandlung oder einer Krankheit ist meist nur vorübergehend.

Eine entscheidende Etappe: Die Spermienreifung im Nebenhoden
In den Nebenhoden werden die Spermien unter der Kontrolle von Androgenen (männliche Hormone, wie Testosteron) so verändert, dass sie ausreichend beweglich und befruchtungsfähig sind. Bei Rüden, besonders der grossen Rassen, beobachtet man nach einer längeren sexuellen Enthaltsamkeit häufig eine schlechtere Spermaqualität. Ursache hierfür scheint ein zu langer Aufenthalt der Spermien im Nebenhoden zu sein. Nach 2 bis 3 Ejakulationen wird die normale Qualität wieder erreicht. Deshalb ist es sinnvoll, bei einem über mehrere Monate sexuell enthaltsamen Hund, vor dem Deckakt 2 bis 3mal manuell Samen zu entnehmen, um die Deckergebnisse zu verbessern.

Das Prostatasekret: Natürlicher Verdünner der Spermien
Die aus dem Nebenhoden kommenden Spermien werden in einer grossen Menge Prostataflüssigkeit verdünnt. Dies verbessert die Mobilität der Spermien. Ausserdem schützt das Prostatasekret gegen die Vaginalsekrete der Hündin. Jede Erkrankung der Prostata hat unmittelbare Auswirkung auf die Fruchtbarkeit eines Rüden.

Aufstieg der Spermien in den Geschlechtstrakt der Hündin
Nach dem Deckakt müssen die Spermien in die Gebärmutter der Hündin aufsteigen. Unterstützt werden sie dabei durch ihre eigene Beweglichkeit, aber insbesondere auch durch Kontraktionen der Gebärmutter, die im Moment der Paarung deutlich zunehmen. Dadurch benötigen die Spermien nach dem Deckakt weniger als eine Stunde, um die Eileiter am oberen Ende der Gebärmutterhörner zu erreichen. Der Spermienausschuss ist sehr gross. Zu Beginn enthält das Ejakulat eines Rüden durchschnittlich etwa 500 Millionen Spermien. Aber nur etwa ein knappes dutzend gelangt bis in den Eileiter der Hündin und hat dort die Chance, eine Eizelle zu befruchten. Eine gute Spermaqualität ist daher die entscheidende Voraussetzung für eine hohe Fruchtbarkeit des Rüden.

Die letzten Etappen vor der Befruchtung

Vor der Befruchtung muss ein Spermium noch zwei entscheidend wichtige Etappen durchlaufen: Die Kapazitation und die Akrosom-Reaktion. Unter Kapazitation werden eine Reihe von physiologischen Vorgängen zusammengefasst, die die Voraussetzung für die Befruchtungsfähigkeit der Spermien sind. Unter anderem erlangen die Spermien hierbei eine hyperaktive Beweglichkeit und steigern ihren Stoffwechsel.

Bei der Akrosom-Reaktion werden Enzyme aus einem kleinen Säckchen am Spermienkopf freigesetzt. die das Eindringen des Spermiums durch die eine Eizelle umgebende Schutzbarriere ermöglicht. In der Gebärmutter überleben Spermien sehr lange Zeit, zum Teil bis über eine Woche. Ihre Befruchtungsfähigkeit hält jedoch in der Regel nicht so lange an. Daraus ergeben sich zwei praktische Konsequenzen:

  • Beim natürlichen Decken ist es sinnlos, den Deckakt jeden Tag zu wiederholen (alle 48 Stunden sind ausreichend).
  • Eine mehrere Tage vor ihrer optimal fruchtbaren Periode gedeckte Hündin kann dennoch aufnehmen, wobei allerdings die Gefahr eines zahlenmässig kleinen Wurfes besteht.

Die Zuchtkarriere des Rüden

Ein junger, kaum geschlechtsreif gewordener Rüde produziert eine Samenflüssigkeit mit niedriger Spermienkonzentration und insgesamt geringer Qualität. Je nach Rasse sollte man deshalb ein bis zwei Jahre warten, bevor man einen Rüden zur Zucht einsetzt.

Im Alter über 9 bis 10 Jahren haben Rüden gelegentlich eine reduzierte Zeugungsfähigkeit und bilden häufig Sperma schlechterer Qualität. Besonders deutlich ausgeprägt ist dies bei den grossen Rassen vom Typ Molosser, die oftmals bereits ab einem Alter von 5 bis 6 Jahren unter einer Abnahme ihrer Fruchtbarkeit leiden. Dies ist aber keine allgemeingültige Regel, und einzelne Rüden können durchaus bis ins hohe Alter Sperma sehr guter Qualität bilden. Dennoch ist es ratsam, bei einem älteren Rüden, der zur Zucht eingesetzt werden soll, zunächst eine Spermauntersuchung (Spermiogramm) durchführen zu lassen.

Eine Möglichkeit zur Verlängerung der Zuchtkarriere eines Rüden ist das Tiefgefrieren von Sperma, das beim jungen, erwachsenen Hund gewonnen wird. Hat der Züchter rechtzeitig daran gedacht, das Sperma eines Rüden tief zu gefrieren, so lange er jung ist, kann er dieses Tiefgefriersperma später für die künstliche Besamung verwenden, wenn der Hund für einen Einsatz zur Zucht bereits zu alt geworden ist.

Zu beachten ist, dass die künstliche Besamung in Deutschland Bestimmungen der einzelnen Zuchtverbände unterliegt und zum Teil untersagt ist.

Quelle mit ausdrücklicher Genehmigung:
Fortpflanzung des Hundes "Praktisches Handbuch der Züchter" von "Royal-Canin"